ACTuelles

ACT – eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie („ÄKT“ als ganzes Wort gesprochen) entwickelt sich seit den 1990er-Jahren. Damit wendet sich die Verhaltenstherapie mit ihrem wissenschaftlichen Ansatz den komplexen Phänomenen des menschlichen Denkens und Fühlens zu. Mit den Prinzipien der Konditionierung und der kognitiven Informationsverarbeitung konnten diese bisher nicht sehr erfolgreich erklärt und beeinflusst werden.

Mehr psychische Flexibilität

In der ACT werden sowohl Akzeptanz- und Achtsamkeitsstrategien als auch Strategien der Verhaltensänderung und des engagierten Handelns eingesetzt. Mit einer Erhöhung der sogenannten psychischen Flexibilität wird ein wertorientiertes Leben unter ständig wechselnden inneren und äusseren Lebensbedingungen gefördert. Psychische Flexibilität bedeutet, dass eine Person sich ihrer gegenwärtigen Erfahrung bereitwillig öffnet und gleichzeitig beherzt handelt, wie es ihren ganz persönlichen eigenen Werten entspricht. So kann ein ein reiches und sinnerfülltes Leben werden und vergehen.

Die Bezugsrahmentheorie (RFT = Relational Frame Theory) als wissenschaftliche Grundlage

Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass logische Analysen, rationale Erklärungen und Einsichten oft nicht ausreichen, um einen therapeutischen Prozess in Richtung mehr Lebensqualität voranzubringen. Das laufende Forschungsprogramm RFT untersucht menschliche Sprache und Denken und zeigt, wie diese (neben vielen grossen Vorteilen) zu erheblichen Einschränkungen bis hin zu einer weitgehenden Erstarrung im Verhalten führen können. In ACT wird mit erlebnisorientierten Techniken gearbeitet, um negative Wirkungen von Sprache und Denken zu unterlaufen.

Kontextualismus als philosophische Grundlage

ACT und RFT gehen davon aus, dass jede Entscheidung, Handlung oder Äusserung in einem spezifischen Kontext stattfindet und nur in diesem verstanden werden kann (funktionaler Kontextualismus). Entsprechend interessiert sich ACT vor allem für die Funktionen, die Verhaltensweisen in einem spezifischen Kontext haben. Statt um eine absolute Wahrheit geht es um die Nützlichkeit oder Wirksamkeit von Verhaltensweisen im Hinblick auf persönlich frei gewählte Werte und Lebensziele.

Sechs Kernprozesse

Die therapeutische Arbeit umfasst in ACT sechs Kernkompetenzen, die im Laufe der Behandlung gefördert werden: Akzeptanz, Defusion, Gegenwärtigkeit, Selbst-als-Kontext, Wertorientierung und beherztes Handeln (Commitment). Die einzelnen Komponenten sind nicht voneinander getrennt, sie bilden zusammen ein vernetztes Ganzes.

Akzeptanz

Mit Akzeptanz lernen wir, uns dem eigenen (manchmal schmerzlichen) Erleben bereitwillig zu öffnen, statt ihm auszuweichen oder uns dagegen zu wehren. Das gibt uns Spielraum, uns dem zuzuwenden, was uns von Herzen wichtig ist.

Kognitive Defusion

Mittels Defusion üben wir, mit unseren eigenen Gedanken freier und spielerischer umzugehen. Dadurch verlieren diese an Kraft, unser Verhalten diktatorisch zu kontrollieren. Unser Blick wird freier für Erlebnisse und Erfahrungen, die uns unmittelbar in unserem aktuellen Lebenskontext begegnen.

Gegenwärtigkeit

Mit Wahrnehmungsübungen wenden wir uns bewusst der Gegenwart im Hier und Jetzt zu, wir merken, was uns jetzt gerade für Informationen zufliessen: durch unsere 5 Sinne, von unserem Körper her, und aus den Vorgängen in unserem Geist (Gedanken und Gefühle). Vergangenheit (schmerzliche Erinnerungen) und Zukunft (Sorgen und Ängste) verlieren so an Macht, uns zu dominieren.

Selbst-als-Kontext

Indem wir (zum Beispiel mit Achtsamkeitsübungen) auf die Perspektive achten, aus welcher wir unser Leben erfahren, erleben wir einen Standort, von dem aus die persönlichen Erlebnisse uns weniger durcheinander bringen, und von dem aus wir in der Lage sind, unseren nächsten Schritt frei von eingeschliffenen Mustern, Impulsen und alten Regeln zu wählen.

Werte

Wir können uns die Frage stellen, was uns in diesem rasch vorbeigehenden Leben so wichtig ist, dass wir unsere begrenzte Zeit auf dieser Welt dafür einsetzen wollen. Wir können eigene, ganz persönliche Werte formulieren, die uns eine Orientierung geben, in welche Richtung wir gehen wollen. Diese Werte helfen uns, Ziele zu formulieren und zu erkennen, ob wir uns mit unserem Verhalten in eine Richtung bewegen, in die wir wirklich gehen wollen.

Beherztes Handeln (Commitment)

Hier geht es darum, unser Handeln in immer breiteren Zusammenhängen an unseren Werten zu orientieren. Wir formulieren konkrete, erreichbare und wertebezogene Ziele, kurz-, mittel- und langfristig. Wir üben kontinuierlich, aus unseren beim Umsetzen gemachten Erfahrungen zu lernen.

Wissenschaftliche Absicherung

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie ist der wissenschaftlichen Tradition verpflichtet. Dabei besteht ein lebendiger Dialog zwischen Grundlagenforschern, klinischen Forschern und Therapeuten in der Praxis. So entwickelt sich der Ansatz laufend weiter, neue Erkenntnisse über die Möglichkeiten, wie wir lernen können, unser Leben mehr und mehr entsprechend unseren Werten zu leben, fliessen rasch in die Praxis ein. Eine Vielzahl von Studien konnten bisher einen guten Nutzen von ACT für verschiedenste menschliche Herausforderungen nachweisen (z.B. bei Depression, Angststörungen, Zwangserkrankungen, chronische Schmerzen, psychotischen Erkrankungen, Sucht, Epilepsie, Diabetes, Burn-out).